Unsere Geschichte
Am Ende des Mittelalters, noch bevor Kolumbus 1492 Amerika entdeckt, ist der erste Namensträger, Henckel von Salchendorf genannt Klinckspor, mehr fach urkundlich überliefert. Seinen Beruf kennen wir nicht; ob er Sporenmacher oder – wie es in Bahlows Namenslexikon angegeben – „Reitersmann“ war, ist fraglich. Daher dürfte bei der Entstehung unseres Namens ein Beruf oder ein Hausname – wie aus anderen Beispielen bekannt – kaum in Betracht kommen. Vielleicht hat der Familienname in der Althochdeutschen Sprache seine Wurzeln.
Es gibt in Wilgersdorf den nur einmal im Siegerland vorkommenden Flurnamen „aufm Klingspor“. „Ein Zusammenhang zwischen Flur- und Familiennamen ist mit Sicherheit anzunehmen“, schrieb Dr. h.c. Hermann Böttger in seinem Manuskript für die „Geschichte des Netpherlandes“. Dann könnte die Famielie aus Wilgersdorf stammen; allerdings ist dort der Familienname in älterer Zeit nicht mehr nachweisbar. Der Versuch einer Namensdeutung ergibt folgendes: In Wilgersdorf, Rudersdorf und Flammersbach kommt der Flurname „auf der Klinke“ bzw. „in der Klinke“ vor, den man wohl dem althochdeutschen „klinga“ = Bergbach, Schlucht oder Graben gleichsetzen kann. Da das Wort später nicht mehr verstanden wurde, ist es in „Klingel“ umgewandelt worden, wovon noch die zahlreichen Klingelberg, Klingelborn, Klingelrain, Klingelseifen und Klingelwiesen zeugen.
Der zweite Wortteil ist vielleicht zurückzuführen auf das mundartliche „Schpoor“ = Wagengeleise, Fuß s p u r, überhaupt Weg. Demnach würde Klingspor ein Grundstück bezeichnen, das an einem Weg liegt, der an einem Bach entlangführt. Auf die Lage der Wilgersdorfer Flur Klingspor trifft dies genau zu. Wegen seiner Einmaligkeit ist der Name offensichtlich schon früh zum erblichen Familiennamen geworden. Es muß dahingestellt bleiben, ob mit dem seit 1404 in Siegen mehrmals anzutreffenden Namen „Spor“ ein Zusammenhang besteht.
Die häufig vermuteten Zusammenhänge mit anderen Familien gleichen oder ähnlichen Namens müssen – soweit bis jetzt nicht durch Quellen belegt – Spekulationen bleiben. Irgendwelche Verbindungen zu Klingspor-Geschlechtern insbesondere des Nordens, ob adlich oder bürgerlich, sind nicht nachweisbar. Oftmals sind aus verschiedenen mittelalterlichen Wurzeln rein zufällig gleiche Schreibweisen von Familiennamen entstanden.
Obwohl keine Familienchroniken oder Hausbücher überliefert sind, wissen wir aus Archivalien und Kirchenbüchern, daß die Familie Klingspor die Auswirkungen von Reformation, Gegenreformation, 30jährigem Krieg, Pest, Epedemien, Napoleonischer Besatzung bis hin zur NS-Diktatur wie alle anderen Familien im Siegerland mehr oder weniger zu spüren bekam und von den Gezeiten der Geschichte nicht unberührt blieb.
Best to our knowledge
In einem Gebiet, das reich an Eisenerz war und dessen Bewohner schon früh die Kunst verstanden, dasselbe durch Bergbau und Verhüttung in „Gold und Silber“ zu verwandeln, beginnt mit Henckel Klinckspor die Geschichte einer Familie im Siegerland, die sich – wie nur selten – mehr als ein halbes Jahrtausend zurückverfolgen läßt.
Salchendorf, das zum Amte Netphen gehörte, wurde 1461 von 16 schatzungspflichtigen Personen mit ihren Familien bewohnt. (1933 hatte es 424 Einwohner). Die Zeit, in der Henckel lebte, war reich an politischen und kulturellen Ereignissen. Nicht jedoch alle Nachrichten mögen in das entlegene Salchendorf gedrungen sein. Die Auseinandersetzungen zwischen den Grafen von Nassau und den Herren von Bicken, die Anzahl der Hüttentage und das Wachstum des Haubergs werden Henckel wichtiger gewesen sein als die Nachricht, daß die Türken Konstantinopel und Griechenland eroberten oder 1455 ein Johannes Gensfleisch zu Mainz mit beweglichen Lettern Bücher drucken konnte.
Nach Henckels Tod erlebten seine Kinder und Enkel jenes Jahr, da Luthers Hammerschläge zu Wittenberg die Welt durchdröhnten. Welche Bedeutung dieses Ereignis in der Zukunft für das Siegerland und damit in gleicher Weise für die Familie Klingspor haben würde, konnte man 1517 noch nicht ermessen.
Etwa zu gleicher Zeit gibt es eine Verzweigung der Familie: in den Siegener und in den Rudersdorfer Hauptstamm. Letzterer, dessen Nachkommen wir noch heute im Netpherland finden, ist in den lebenden Generationen der zahlenmäßig kleinere Stamm.
Von altersher war eine Stadt für aufstrebende Menschen ein weitaus günstigeres Pflaster als eine ländliche Gegend. Und so kommt es, daß wir besonders in den ersten Siegener Generationen eine ganzze Reihe von Namensträgern in Amt und Würden finden. Entsprechend dem sozialen Gefälle zwischen Stadt und Land sind auch die genealogischen Quellen in einer Stadt meistens reichhaltiger.
Siegen wird 1224 erstmals urkundlich als „oppium“ bezeichnet. Dabei bleibt ungeklärt, ob „de novo constructo“ die Bedeutung einer Neugründung oder einer Wiedererrichtung hat. Das durch Handel und Gewerbe blühende Gemeinwesen konnte seine selbständige Stellung behaupten, obwohl es zu jener Zeit unter der sich nachteilig auswirkenden Doppelherrschaft des Grafen von Nassau und des Erzbischofs Engelbert von Köln stand. Die Entwicklung der Siegener Gewerbezweige, ihre durxh Kurbriefe zu Anfang des 16. Jahrhunderts bestätigte monopolistische Verfassung und die Kämpfe um deren Aufrechterhaltung machen ein umfangreiches Kapitel der Siegener Geschichte aus. Bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts hat das Siegerland als wichtigstes eisen- und einziges stahlerzeugendes Gebiet Deutschlands eine große Bedeutung.
Deshalb ist es nur natürlich, daß gerade die Eisenhütten dem Siegerland ein unverwechselbares Gepräge gaben. Es waren dies sowohl die Blashütten oder Massenhütten, in denen das Eisen erblasen wurde, als auch die weiterverarbeitenden Hammerhütten. Die Hüttenarbeiter, die sich in der Zunft der Massenbläser und Hammerschmiede vereinigt hatten, standen im Siegerland in hohem Ansehen, denn sie waren damals ausschließlich Gewerken, d.h. Miteigentümer der Hütten und Hämmer.
Hans, der erste Siegener Klingspor, war Meister bzw. Vorsteher der Zunft der Massenbläser und Hammerschmiede. Diese Zunft war zu jener Zeit nicht nur eine Vereinigung von Handwerkern, die ausschließlich ihr Berufsinteresse vertrat. In vorreformatorischer Zeit bildete sie gleichzeitig eine religiöse Bruderschaft, deren Oberhaupt „das heilige Kreuz“ war. Bei Prozessionen trugen die jüngsten Mitglieder der Zunft zwei besonders große gedrehte Kerzen voran. Am 25. Januar jeden Jahres wurde für alle Verstorbenen der Zunft eine große Seelenmesse abgehalten und für alle noch Lebenden der Bruderschaft eine Singmesse veranstaltet zu Ehren „unserer lieben Frauen“. Niemand durfte im Siegerland Stahl schmieden, er gehörte denn zur Bruderschaft und wäre aus rechter Ehre „von frommen Eltern“ geboren. Zur Stahlschmiedezunft gehörten auch jene, die das Handwerk nicht ausübten, sondern nur Handel betrieben.
Damals wurde die Ware von den Händlern bestellt und zum gleichen Zeitpunkt bezahlt. Dies setzte voraus, daß sie über ein gewisses Kapital oder auch über Grundbesitz verfügten. Konnten die Eisenhändler (Raidmeister) auf einer Messe den errechneten Preis nicht erzielen, so war es zu ihrem Schaden. Doch dies kam nur selten vor.
Das wesentliche und die Geister am meisten erregende Ereignis aus den Lebensjahren des Hans Klingspor war sicherlich die Ausbreitung der Lehre Martin Luthers im Siegerland und insbesondere in der Stadt Siegen. Graf Wilhelm hatte 1533 angeordnet, daß in seinem Lande die Geistlichen sich nach der „Nürnberger Reformation“ richten sollten. Fast ohne Widerstand ging die Siegener Bevölkerung zu der neuen Lehre über. Seit 1560 kann man Siegen als völlig lutherisch betrachten. Die Hinwendung des Grafenhauses zum Calvinismus dagegen wurde von der Siegener Bürgerschaft nicht ohne Widerspruch hingenommen.
Rat, Bürgermeister und Zunftgenossen ereiferten sich in langen Streitgesprächen über die Frage des rechten Abendmahls. Hans Klingspor wie auch seine Söhne dürften bei diesen Diskussionen nicht gefehlt haben. Letztlich folgte die Bürgerschaft doch dem Grafenhause, indem sie (etwa seit 1580) das reformierte Bekenntnis annahm. Wie die Massenbläser und Hammerschmiede waren auch die Bäcker in ihrer Zunft vereinigt. Der Zunftbrief von 1504 bestimmt neben religiösen Anordnungen die Stellung der Mitglieder bei Feuerbrünsten oder im Kriegsfall. So ist die Bäckerzunft verpflichtet, zwei Feuerleitern zu stellen, und jedes Mitglied muss binnen Jahresfrist im Besitz einer Rüstung sein. Natürlich gibt es auch Vorschriften über Qualität, Gewichte und Preise der Backwaren, über Roggen- und Weizeneinkauf und über Lehrlingsausbildung. Die Zunftmitglieder mussten sich daraun halten, nur an drei Tagen der Woche Brot zu backen, das Gebäck nur an besonderen Plätzen feilzuhalten, von einem etwaigen „Mißback“ den Armen abzugeben und viele andere Vorschriften zu beachten. Auch die Stellung und Versorgung der Witwe und der Tochter eines Bäckermeisters war geregelt.
Als ersten Namensträger in der Bäckerzunft finden wir Heiderich Klingspor, Hansens jüngsten Sohn. Mit ihm beginnt die über dreieinhalb Jahrhunderte währende „Bäcker-„Dynastie“, in der wir vom vom 16. Jahrhundert bis vor kurzer Zeit mindestens 17 Namensträger finden. Heiderich hatte in der Stadt Siegen 22 Konkurrenten, die Brot backten und verkauften. In den Jahren 1582 bis 1588 wehrten sich die Bäcker sehr gegen das Eindringen der Gastwirte in ihre Zunft, am Ende jedoch ohne Erfolg. So kommt es, dass wir Heiderichs Enkel, Martin Klingspor, um die Mitte des 17. Jahrhunderts als Besitzer des Gasthauses „Zum Schwanen“ sowohl als Mitglied der Bäckerzunft als auch als Händler in der Stahlschmiedezunft finden. Heiderich steht im besten Mannesalter, als erste Gewitterwolken am politischen Horizontauftauchen. Die Idylle, die uns Merian mit seinem Stich von „Sigen“ vermittelt, trügt. Welch bewegte Zeit Heiderich und auch seine Söhne Antonius und Hans erlebt haben, erzählt uns die Geschichte der Stadt und des Landes Siegen.
Graf Johann der Mittlere von Nassau-Siegen (gest. 1623), der Landesherr unserer Klingspor-Vorfahren, war mit Kindern reich gesegnet. Alle machten ihm Freude und errangen Ansehen in der Welt. Zwar wurde dieses Ansehen etwas getrübt, als des Grafebn Sohn Johann der Jüngere 1612 zum katholischen Glauben übertrat und eine belgische Prinzessin heiratete. Da er jedoch nicht Erbe des Hauses war, erachtete man dies nicht für erschütternd. In Wirklichkeit sollte dieser Wechsel des Bekenntnisses für alle Siegerländer von unheilvollstem Einfluß werden. Der älteste Sohn des Grafen fiel nämlich 1617 vor Venedig und dadurch wurde der katholisch gewordene Johann Erbe des Hauses Nassau-Siegen.
Es war die Zeit des beginnenden Dreizigjährigen Krieges, und hinter den religiösen Auseinandersetzungen standen die Machtkämpfe der Kirchen. Graf Johann der Jüngere führte macnche Gewaltmaßnahmen durch, um die Bürger zu seinem Bekenntnis zu zwingen. So kommt es auch, daß wir Heiderichs jüngeren SohnAntonius als Katholiken finden. Einer seiner Söhne wiederum, Jost Henrich, der Stammvater der Wittgensteiner Linien, studiert efvangelische Theologie. So scheint die Familie Klingspor in der raschen Aufeinanderfolge von Reformation und Gegenreformation in Siegen oft hin- und hergerissen worden zu sein.
Die Zerissenheit der Siegener Bürgerschaft zeigt sich auch in den öfentlichen Ämtern. Der Übertritt des Grafen Johann des Jüngeren zum katholischen Bekenntnis hatte auch zur Folge, daß er im Rat und im Schöffenstuhle keine Reformierten dulden wollte, während sein evangelischer Bruder Johann Moritz wiederum bemüht war, eine möglichst starke Vertretung der Reformierten zu erzielen. So kam es, daß manche Ämter abwechselnd von Kathooliken und Protestanten besetzt waren, soweit keine paritätische Besetzung möglich war.
Die nochmalige Teilung Nassau-Siegens in einen katholischen und einen evangelischen Landesteil ist für uns kaum vorstellbar. Die katholische Regierung saß im oberen Schloß und blickte unversöhnlich herab auf den „Nassauischen Hof“ bzw. das dort entstehende „Untere Schloß“, wo die reformierte Linie Nassau-Siegen residierte. So ist es nicht verwunderlich, dass jede Prozession Anlaß zu heftigen Auseinandersetzungen gab, die häufig mit blutigen Schlägereinen endeten.
Johann Moritz, der Sohn Johann des Mittleren aus zweiter Ehe, hatte es in der Welt zu hohem Ansehen gebracht. Aufgrund seiner Verdienste wurde er 1664 von Kaiser Leopold in den Fürstenstand erhoben. Schon 1652 war seinem katholischen Neffen Johann Franz diese Standeserhebung zuteil geworden, wodurch das winzige Ländchen Nassau-Siegen zum Fürstentum aufgestiegen war. Mit berechtigtem Stolz sollte dies seinen Ausdruck darin finden, daß eine Fürstenkrone die Turmspitze der Nikolaikirche ziert, das uns heute so vertraute Wahrzeichen Siegens, das „Krönchen“.
Klingspor in Salchendorf
Since 1420
Als erster Träger des Namens Klingspor im Siegerland ist in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nachweisbar Henckel von Salchendorf genannt Klinckspor bzw. Henckel Klingspor.
Henkel Klinckspor (I) wurde wahrscheinlich um 1420/30 geboren und starb nach dem 1.7.1471, dem Tag seiner letzten urkundlichen Erwähnung. Er lebte in Salchendorf im Kirchspiel Irmgarteichen; ob dies auch sein Geburtsort war ist ungewiß.
Henckel Klinckspor wird zum ersten Mal erwähnt in der ältesten erhaltenen Schatzungsliste des Siegerlandes von Herbst 1461. Unter „Salchindorff“ erscheint dort ein Henckel ohnen Familiennamen, den wir mit unserem Klinckspor gleichsetzen können. Er zahlt mit 1 Gulden die geringste Abgabe im Dorf von 16 Steuerzahlern. Daraus ist nicht unbedingt zu schließen, daß er auch der ärmste Einwohner gewesen wäre. Es könne sein, dass er aus uns unbekannten Gründeneine verminderte Schatzung zahlte. Jedenfalls hatte er aber wohl nur geringen Grundbesitz. Für ein gewisses Ansehen Henckels spricht, daß er in den folgenden Jahren mehrfach in einer Streitsache der Herren von Bicken (auf Burg Hainchen bei Irmgarteichen) mit den Grafen von Nassau herangezogen wird.
Am 7.10.1467 bezeugt Henckel neben vier weiteren Zeugen unter Eid, daß Philipp v. Bicken das Meistergut in Salchendorf nach dem Tode des Grafen Johann v. Nassau als rechtmäßigen Eigentümers in Besitz genommen und an seine Leute „zu Pacht ausgetan“ habe. Eine Woche später, am 14.10.1467, finden wir seinen Namen in einer Urkunde über die Begehung der zum Hain (Hainchen) gehörigen Mark und die ordnungsgemäße Festlegung der Grenzen.
Kurz darauf, am 23.10.1467, ist er als Zeuge genannt, als es um die Feststellung von Zahlungen an die gräfliche Mühle zu Irmgarteichen geht. Auch bestätigt er mit weiteren Zeugen die Verpflichtung der Einwohner von Hainchen zur jährlichen Zahlung von 24 Gulden Wein- und Kuhgeld an den Grafen von Nassau. Als am 1.7.1471 Aussagen über Jagd- und Fischereivergehen der Herren von Bicken protokolliert werden, bezeugt auch „Henckel Clyngelspor“ wieder. Es ist dies seine letzte urkundliche Erwähnung.
Henckel hinterließ mehrere Kinder, die um 1450/55 geboren sein dürften. Aus ihrem noch ungeteilten (!) Erbe geben sie (ohne daß ihre Vornamen an dieser Stelle genannt werden) jährlich eine Abgabe an den Marienaltar zu Siegen. Nach einem Verzeichnis von 1504 die „Kynder Henckel von Salchendorf… 3 phunt waß (=Wachs) und 2 gense (=Gänse) von Irb (=aus dem Erbe) tzu Salchendorf“. Von diesen Kindern sind namentlich bekannt Hartmann (IIa) und Hermann (II b).Ob ein 1483 zu Salchendorf genannter „Henckelnhenn“ (=Henn/Johann, Sohn von Henckel), der 10 ß Herbstbede zahlt, ebenfalls ein Klinckspor-Sohn ist, muß dahingestellt bleiben. Er wird später nicht mehr erwähnt.